Bewegung und Sprache

Die bewegungsorientierte Sprachförderung und Sprachbildung ist seit vielen Jahren ein Schwerpunkt vieler unter der Leitung von Frau Prof. Dr. Renate Zimmer durchgeführten Forschungsvorhaben und Projekte. Das von R. Zimmer entwickelte Konzept „Bewegte Sprache“ wurde in mehreren Projekten entwickelt, erprobt und evaluiert. Dabei wurde auch u.a. der sprachliche Kompetenzzuwachs bei Kindergartenkindern durch bewegungsorientierte Maßnahmen untersucht und überprüft, wie die Sprachentwicklung von Kindern im Kindergartenalltag gestärkt werden kann.


Förderung sprachlicher Kompetenzen von Kindern durch bewegungsorientierte Maßnahmen


Dem isolierten Training einzelner Funktionen wurde ein in den Alltag zu integrierendes, von der Körperlichkeit des Kindes ausgehendes Konzept der Sprachförderung entgegengesetzt. Im Detail wurden Bewegungssituationen bezüglich ihres Potentials für die Sprachbildung  überprüft und die Interaktions- und Sprachanlässe in den Bewegungssituationen analysiert. Die Ergebnisse der Prä-Post-Vergleiche in Interventions- und Kontrollgruppe bestätigen die zentrale Annahme, dass sich eine ganzheitliche, kontextgebundene und bewegungsorientierte Sprachbildung und -förderung bei 4- bis 5-jährigen Kindern (n=153) günstig insbesondere auf kontextsensible, pragmatische sowie auf spezifische, lexikalisch-semantische Fähigkeiten auswirkt (Madeira Firmino, Menke, Ruploh & Zimmer, 2015).

Sprachförderung durch Bewegung für Kinder mit Migrationshintergrund

Aus dem Schwerpunkt der bewegungsorientierten Förderung sprachlicher Kompetenzen entwickelte sich aufgrund der hohen Resonanz ein eigenständiges Projekt. Das Hauptaugenmerk lag dabei auf dem Zweitspracherwerb des Deutschen, der eigenen professionellen Haltung gegenüber Diversity und dem Umgang mit sprachlicher und kultureller Vielfalt im Kindegarten. Die Auswertung des eingesetzten Beobachtungsbogens Sismik ergibt Hinweise auf einen Entwicklungszuwachs der Kinder hinsichtlich der sprachlichen Fähigkeiten im Deutschen. Im Gegensatz dazu veränderten sich die Ergebnisse bei vergleichbaren Kindern, die keine konsequent durchgeführten Fördermaßnahmen erhalten hatten, auf allen Skalen nur unbedeutend (Zimmer, Huser, Madeira Firmino, Menke & Ruploh, 2016).


Bewegungsorientierte Sprachbildung und –förderung in der Krippe

Das Projekt Bewegungsorientierte Sprachbildung und -förderung in der Krippe konzentrierte sich auf die Unterstützung von Kindern im Alter von 1-3 Jahren sowie die Weiterbildung von Eltern und ErzieherInnen. In 19 Krippen wurde im Rahmen eines Intervention-Kontrollgruppen-Designs mit Prä- und Posttest anhand standardisierter Testverfahren der sprachliche Entwicklungsstand von 114 Kindern erhoben. Die Ergebnisse der Studie zeigen Interventionseffekte sowohl im expressiven als auch im passiven Sprachgebrauch bei den Kindern deren Eltern mit eingebunden waren, auf. (Madeira 2014)


 „Alltagsintegrierte Sprachbildung und Beobachtung im Elementarbereich in Nordrhein – Westfalen“

Seit 2013 begleitete eine Arbeitsgruppe unter Leitung von Prof. Dr. Renate Zimmer das Ministerium für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport des Landes NRW in beratender und gestaltender Funktion bei der Implementierung der Neuausrichtung der Alltagsintegrierten Sprachbildung im Elementarbereich in NRW. Dieses Vorhaben umfasste:

  • Vorbereitung und wissenschaftliche Mitarbeit bei der Erstellung der Grundlagen „Alltagsintegrierte Sprachbildung und Beobachtung im Elementarbereich“, die in Zusammenarbeit mit Vertretern der Spitzenverbände sowie Vertretern des MFKJKS entstanden sind (2013).
  • Vorbereitung und Mitgestaltung der Fachinformationstage die zur Neuausrichtung der Sprachförderung in NRW realisiert wurden (2014-2015).
  • Entwicklung und Implementierung des Modellprojekts „Alltagsintegrierte Sprachbildung durch Bewegung“. Im Rahmen des Modellprojektes wurden die pädagogischen Fachkräfte aufbauend auf dem Konzept Bewegte Sprache im Sinne einer alltagsintegrierten Sprachbildung und Beobachtung weitergebildet. Darüber hinaus wurden Inhalte und Rahmenbedingungen erprobt und identifiziert, die in die Konzipierung einer landesweiten Qualifizierung in NRW einfließen. Mit dem Modellprojekt beteiligte sich die Arbeitsgruppe an der bundesweiten Initiative Bildung durch Sprache und Schrift (BiSS).

Aufbauend auf den Erkenntnissen des Modellprojektes „Alltagsintegrierte Sprachbildung durch Bewegung“ wurde ein innovatives Fortbildungskonzept entwickelt, das darauf abzielt, die neuen bildungspolitischen Anforderungen, die im Zuge der Neuausrichtung der Alltagsintegrierten Sprachbildung definiert wurden, in der Praxis zu implementieren. Hierzu wurde ein Curriculum konzipiert, das neben den Erkenntnissen des Modellprojekts auch Modelle des Deutschen Qualifikationsrahmens (DQR) sowie erwiesene Prädiktoren der Qualitätssicherung von Weiterbildungsmaßnahmen berücksichtigt.
Um eine flächendeckende Qualifizierung der pädagogischen Fachkräfte in NRW zu erreichen, wurden 200 Multiplikatorinnen und Multiplikatoren von den Mitarbeiterinnen der Arbeitsgruppe ausgebildet, die auf Grundlage des Curriculums, bedarfsgerechte Fortbildungen für die pädagogischen Fachkräfte in ganz NRW anbieten.

Förderung durch: Ministerium für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration des Landes NRW (MKFFI)

Handlungsorientierte Zugänge zur Sprache - Entwicklung eines Konzepts zur Sprachförderung von Kindern mit Fluchthintergrund

Das Projekt zur Sprachförderung geflüchteter Kinder zielte auf eine frühe und intensive Förderung der sprachlichen Kompetenzen im vertrauten familiären Umfeld. Als Grundlage dient das Konzept „Bewegte Sprache“ (Zimmer 2007, 2016), das unter besonderer Berücksichtigung der Lebenslagen geflüchteter Familien weiterentwickelt, an die Bedürfnisse der Zielgruppe angepasst und praktisch erprobt wurde.

Im Vordergrund steht die Entwicklung eines Sprachförderkonzeptes, in dem über handlungsorientierte Methoden der Zugang zu den Kindern und ebenso der Zugang zur Sprache unterstützt werden. Spielerische, bewegungsorientierte, gestalterische und musikalische Angebote können eine Brückenfunktion einnehmen: Über den Körper, über Bewegung, Musik und ästhetisches Gestalten wird eine Umgebung geschaffen, in der das Kind selbst aktiv werden kann, in der es sich als selbstwirksam erlebt und die deutsche Sprache in einem sinnvollen und authentischen Kontext erfährt. Bewegungsangebote und ästhetisch – kulturelle Angebote werden als einerseits spielerische, andererseits aber auch als systematische und strukturierte Sprachanlässe genutzt.

Das Projekt setzt bei sehr jungen Kindern an. In der besonders sensiblen Phase des Spracherwerbs (unter drei Jahren) fällt es Kindern leicht, eine weitere Sprache neben der Familiensprache zu erlernen. Hierfür werden im Rahmen des Projekts Methoden der Vermittlung entwickelt, die dem Alter, den spezifischen Bedürfnissen und den entwicklungspsychologischen Besonderheiten der Kinder gerecht werden. Durch die Einbindung der Eltern soll eine Übertragung auf den Familienalltag unterstützt werden.

Förderung durch: Niedersächsisches Ministerium für Wissenschaft und Kultur (MWK)


Literacy – Bewegte Zugänge zur Lese- und Erzählkultur


Ziel des Projektes „Geschichten bewegen - neue Wege einer lebendigen Vorlese- und Erzählkultur“, war es, neue Formen einer bewegten Lese- und Erzählkultur zu erproben und mögliche Bildungspartnerschaften zwischen Kindergarten, Schule und Bibliotheken zu erforschen. Im Rahmen der wissenschaftlichen Begleitung konnte gezeigt werden, dass im Kontext institutionsübergreifender Zusammenarbeit von Bibliotheken, Kindertagesstätten und Grundschulen das Projekt an der Schnittstelle der (Bildungs-) Bereiche Bewegung, Literacy, Sprache und Wahrnehmung erfolgreich lebendige Zugänge zur Vorlese- und Erzählkultur eröffnet, die eine ganzheitliche Entwicklungsförderung von Kindern sinnvoll unterstützen können. Die Kinder konnten mit ihrem schöpferischen Potential aktiv Bewegung in Geschichten bringen und mithilfe ihres körperlichen Ausdrucks deren Inhalte besser begreifen und verarbeiten.
Wissenschaftlich begleitet wird auch das Bibliotheksprojekt „LOSlesen! – Leseförderung von Anfang an“, das sich insbesondere an Familien mit Kindern unter drei Jahren wandtet. Mehr als 1000 Familien nahmen an dem Angebote  teil. Ziel war es, die Eltern und die Kinder über alle Sinne an Bücher heranzuführen, die Faszination der Bücherwelt zu vermitteln und über das Vorlesen die sprachlichen Fähigkeiten von der Wortschatzerweiterung bis zum Dialog zu fördern. Die Ergebnisse der Evaluation durch die Forschungsstellen zeigte, dass die Eltern die lOSlesen-Stunden insgesamt sehr positiv (71 % der Befragten mit „sehr gut“, 27 % der Befragten mit „gut“) bewerteten Die befragten Eltern gaben an, dass die von der Bibliothek gesetzten Ziele alle zu einem sehr hohen Prozentsatz (über 90%)in dem Projekt umgesetzt wurden.

Förderung durch: Niedersächsisches Ministerium für Wissenschaft und Kultur (MWK)
Stahlwerksstiftung Georgsmarienhütte